„Eine Netzwerkplattform für interessierte Radiologen“ – Zukunftsvisionen und der Weg dahin
Professor Dr. Andreas G. Schreyer vom Universitätsklinikum Regensburg ist neuer Vorsitzender der AG Gastrointestinal-/Abdominaldiagnostik in der DRG. Im Interview berichtet er von seinen Plänen und den Herausforderungen für die kommende Amtszeit.
Prof. Dr. Andreas G. Schreyer Welche Pläne haben Sie für Ihre Amtszeit 2014-2016? Welche Herausforderungen sehen Sie auf sich zukommen?
Wir haben einiges sehr Spannendes vor uns. Die Mitgliederzahlen sind gestiegen und viele Mitglieder bringen sich aktiv in die AG ein; es gibt Initiativen, Vorschläge und Visionen. Ein wichtiger Plan ist die Beteiligung an Leitlinien. Passiv hat dies in der Vergangenheit ja schon stattgefunden, nun wollen wir uns als AG auch aktiv in das Leitlinien-Geschäft einbringen. Auf dem Deutschen Röntgenkongress im vergangenen Mai habe ich dazu meine Gedanken vorgestellt und daraus sind zwei große Ideen entstanden. Erstens: die virtuelle Koloskopie bzw. Kolonographie. Hier ist unsere Idee, dass von unserer AG und der Deutschen Röntgengesellschaft initiiert eine interdisziplinäre Leitlinie, möglichst eine SK2-Leitlinie, erarbeitet wird. Ziel dabei ist es eine evidenzbasierte Leitlinie zu erarbeiten, also mit Literaturauswertungen und vollständiger Transparenz. Das zweite große mittelfristige Projekt ist, dass ich gerne eine Leitlinie über die Bildgebung des Abdomen auf den Weg bringen möchte. Hintergrund ist: Wenn Sie 50 Kliniken fragen, wie dort Bilder zu einem bestimmten Krankheitsbild gemacht werden, dann werden Sie 47 verschiedene Antworten erhalten. Also alles andere als eine einheitliche Vorgehensweise. Das erstaunt etwas, denn schließlich schreiben wir Radiologen ja fleißig unsere Paper und kommen darin auf einen Konsens, wie wir am besten Bildgebung machen sollten, jedoch arbeiten die wenigstens Leute das systematisch evidenzbasiert durch. Dies ist die Herausforderung, die ich gerne mit der AG Abdomen angehen möchte um die Frage zu beantworten: Wie wird nach aktuellem Stand der radiologischen Forschung Bildgebung evidenzbasiert gemacht? Dies ist mein großer Wunsch und damit mein großes Ziel.
Vor kurzem ist ja bereits eine Umfrage zur Thematik Bildgebung des Abdomen gestartet. Worum geht es in dieser Umfrage genau und was ist das Ziel derselben?
Mit dieser Umfrage wollen wir den Status Quo erheben. Die Mitglieder der AG wurden bereits befragt, nun sollen auch alle weiteren Mitglieder der DRG beteiligt werden. Ziel ist eine Statuserhebung zur Frage, wie zu dezidierten Fragestellungen in der abdominellen Diagnostik eigentlich Bildgebung gemacht wird. Das Ergebnis daraus soll eine Diskussionsgrundlage sein, auf der dann das große Projekt anzugehen sein wird. Die Umfrage wird nun auch an alle DRG-Mitglieder geschickt und wird voraussichtlich bis September laufen. Die Ergebnisse werden zunächst von der AG zusammengefasst und dann der DRG zur Verfügung gestellt. Hierauf kann dann die weitere gemeinsame Diskussion basieren.
Welche medizinischen Fachbereiche kreuzt die Gastrointestinal- und Abdominaldiagnostik? Ist Interdisziplinarität relevant für den Bereich?
Die Interdisziplinarität ist der Spiritus Rector der Radiologie und damit auch der abdominellen Radiologie, denn in der Praxis gibt es nur ganz wenig „alleinstehende Radiologie“. Wir sind in unserem Fach eigentlich immer von anderen Fächern abhängig und damit wohl der Klassiker der Interdisziplinarität. Natürlich haben wir unsere Kernbereiche: die innere Medizin, die Gastroenterologie und die Abdominalchirurgie – diese sind für uns besonders wichtig. Hier brauchen wir ganz besonders gute Kontakte mit den jeweiligen Fachgesellschaften und das machen wir auch ganz vernünftig. Zudem zeigen wir Präsenz auf Kongressen und Konferenzen anderer Fachgebiete. Unsere AG und auch meine Klinik hier in Regensburg hat die Tradition, Kurse in „Radiologie für Nicht-Radiologen“ anzubieten. Hier wollen wir nicht anderen Disziplinen beibringen kleine „Hobby-Radiologen“ zu werden, sondern wir möchten, dass sie mit unserem Armamentarium an Bildgebung umgehen können, dass sie wissen, was der neueste Stand in der abdominellen Bildgebung ist. Kurz gesagt: Ohne Interdisziplinarität geht nichts.
Was wünschen Sie sich für den Bereich der Gastrointestinal-/Abdominaldiagnostik? Wo soll der Weg hingehen?
Ich denke, wir sind schon auf einem ganz vernünftigen Weg. Wir sollten verstärkt unsere Mitglieder einbinden und auch neue Mitglieder gewinnen. Viele junge Kollegen sind in dem Kernbereich der Radiologie, der abdominellen Radiologie tätig und diese Kollegen wollen wir für die AG gewinnen. Wir müssen uns auch als AG mal richtig sehen und definieren. Wir sind keine AG, die sich zunächst durch weitere Extra-Zertifizierungen herausheben will, denn wir repräsentieren die „Kernradiologie“; wir sind ein Bereich, der eher ein Netzwerk für interessierte Forscher und Kliniker in der abdominellen Radiologie sein soll und dahin soll sich auch der Weg entwickeln: Dass die AG eine aktive Klinik- und Forschungsplattform wird. Dass wir nicht nur Antworten auf Leitlinien geben, sondern wir selbst proaktiv Leitlinien und Empfehlungen machen. Dass Forscher von mehreren Universitätskliniken in Deutschland zusammenkommen, Fragen stellen und gemeinsam Auswertungen machen. Das wäre so mein Traum. In kleinen Projekten, bspw. mit der aktuellen angesprochenen Umfrage, haben wir das schon realisiert. Die AG als Netzwerkplattform für interessierte Radiologen – das ist mein großer Wunsch an die Zukunft der AG.
Vielen Dank für das Gespräch!