Interventionelle Radiologen kümmern sich um Schmerzpatienten
Zum zweiten Mal nach 2013 tagt das Interventionell-radiologische Olbert-Symposium (IROS) in Berlin. Die größte Tagung der minimalinvasiven und bildgesteuerten Therapie im deutschsprachigen Raum wird knapp 1.000 Spezialisten zusammenbringen, die die neuesten Trends dieser wachsenden Disziplin erörtern. Prof. Dr. Markus Düx, Chefarzt der Radiologie am Krankenhaus Nordwest in Frankfurt am Main, ist der Kongresspräsident, und er erläutert hier die wichtigsten Themen.
Prof. Dr. Markus Düx Düx Klinikum Frankfurt NordwestHerr Professor Düx, Schwerpunkt des IROS 2015 ist die interventionelle Schmerztherapie. Bei welchen Patienten kommt sie zur Anwendung?
Das Spektrum ist sehr breit. Es beginnt bei der Behandlung schmerzhafter, osteodegenerativer Erkrankungen wie etwa von schmerzhaften Sehnenansatzpunkten oder schmerzhaften Wirbelbogengelenken, reicht über Patienten mit Bandscheibenvorfall bis hin zur Behandlung von Tumoren des Knochens und der Weichteile. Manchmal genügt es, eine Spritze mit langwirkenden Schmerzmitteln und Kortison an den Schmerzpunkt zu führen, um den Schmerz zu beseitigen oder in der Intensität zu lindern. Natürlich machen das auch andere Fachärzte. Die Behandlung durch den Radiologen hat aber den Vorteil, dass er sich moderner Bildsteuerung bedient, wir also am besten im Köper navigieren können, um den Schmerzpunkt auch wirklich zu erreichen.
Welche Rolle spielt die Interventionelle Radiologie beim Tumorschmerz?
Tumorpatienten sind eine sensible und hochspezielle Gruppe. Weil es sich meist um sehr starke Schmerzen handelt, die weder durch Schmerzmittel in den Griff zu bekommen noch anderen Verfahren zugänglich sind, kommt der Interventionelle Radiologe ins Spiel. So können wir zum Beispiel schmerzhafte Knochenabbauprozesse wie Knochenmetastasen über einen minimal-invasiven Zugang mit Zement auffüllen und stabilisieren. Oder mit Sonden, die CT-gesteuert in einen schmerzhaften Tumorbereich geführt werden, können wir den Tumor lokal zerstören. Wir nennen das „Ablation“. Häufigstes Verfahren ist die Thermoablation, dabei wird das Tumorgewebe verkocht. Die thermische Ablation kann selbst bei großen Tumoren eingesetzt werden, indem nur der Teil des Tumors behandelt wird, der den Schmerz verursacht. Das hat den Effekt, dass der Schmerz vom Patienten nicht mehr wahrgenommen wird, selbst wenn der Tumor in Gänze nicht mit Hilfe der thermischen Ablation zerstört werden kann.
Einige Methoden erlauben die Behandlung gänzlich ohne Eingriff…
Das ist der jüngste Trend, die Intervention ohne Nadel und Katheter. Beispiel: die Behandlung von Uterusmyomen. Diese gutartigen Tumore der Gebärmutter können mit fokussierten Ultraschallwellen (FUS) behandelt werden. Die Ultraschallwellen werden gebündelt, um in einem Brennpunkt Hitze zu erzeugen. Bei der Uterusmyombehandlung erfolgt die Applikation der Ultraschallwellen über eine Ultraschallquelle im MRT-Tisch, wobei die Magnetresonanztomographie (MRT) als bildgebendes Verfahren eingesetzt wird, um die Myome zu lokalisieren und während der Behandlung die Temperaturentwicklung im Myom und umgebenden Gewebe zu messen. Eine Vielzahl von betroffenen Frauen, denen man nur noch die Entfernung der Gebärmutter oder die operative Entfernung der Myome in Aussicht stellte, sind bisher mit dieser Methode erfolgreich behandelt worden, unter Erhalt der Gebärmutter.
Und hier sind wir wieder bei der Schmerztherapie! FUS ist nämlich auch bei starken Rückenschmerzen und schmerzhaften Knochenmetastasen effektiv. Bei der schmerzhaften Facettengelenksarthrose wird mit FUS der schmerzvermittelnde Nerv am Wirbelbogengelenk desensibilisiert, das heißt das Schmerzempfinden ausgeschaltet, während der Nerv in den übrigen Funktionen erhalten bleibt. Das Bemerkenswerte beim fokussierten, nicht-invasiven Ultraschall ist die sofortige, andauernde Schmerzbeseitigung oder -linderung. Sollten die Schmerzen dennoch später einmal wiederkehren, ist die FUS-Therapie auch wiederholt einsetzbar.
Interventionelle Radiologie wird auch bei Krankenhausmanagern immer beliebter…
Das ist kein Wunder. Denn die von Radiologen ausgeführten minimal-invasiven Therapien verringern die Liegezeit. Viele Eingriffe können sogar gänzlich ambulant angeboten werden, auch die Personal- und OP-Kosten sind deutlich geringer als bei vielen Verfahren der „großen Chirurgie“. Im Zentrum aber steht das Wohl der Patienten. Und hier sehen wir neben dem Behandlungserfolg deutlich geringere Komplikationsraten und eine raschere Genesungszeit.
Wie sichern Sie die Qualität der Behandlung?
Das ist ein wichtiger Punkt. Die Methoden sind ihrer Nischenexistenz entwachsen, finden bei vielen Patienten und in vielen Häusern Anwendung. Zudem gibt es einen enormen Innovationsschub, es gibt ständig neue minimal-invasive Techniken oder eine Verfeinerung bestehender Verfahren. Das stellt die Fachgesellschaften vor die wichtige Aufgabe, für Qualität zu sorgen. Zum Beispiel durch strukturierte Fortbildung wie auf dem IROS angeboten. Zudem gibt es seit einigen Jahren ein Zertifizierungsprogramm für Interventionelle Radiologie und Neuroradiologie, das den Fachärzten für Radiologie offen steht und einen fundierten qualitätsgesicherten Nachweis in den einzelnen Sparten – wie etwa die minimal-invasive Schmerztherapie, Tumortherapie und die minimal-invasive Behandlung von Gefäßkrankheiten – verschafft. Im Aufbau ist außerdem ein Hospitationsnetzwerk, das jungen Kollegen das Training am Tisch erlaubt – unter Anleitung erfahrener Interventionalisten.
IROS 2015 15.-17.01.2015 in Berlin
Weitere Informationen zur Dreiländertagung der Deutschen, Österreichischen
und Schweizerischen Gesellschaften (DeGIR, ÖGIR & SSCVIR) für Interventionelle Radiologie unter www.irosonline.org