Kardiologen haben keinen Anspruch auf Erbringung von kernspintomografischen Leistungen in der vertragsärztlichen Versorgung
Von Dr. Peter Wigge, Justitiar der DRG
Mit Urteil vom 20.02.2013 (Az.: L 7 KA60/11) hat das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass Fachärzte für Innere Medizin und Kardiologie keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung kernspintomografischer Leistungen nach der KernspinV und der MR-AngioV haben. Das LSG Berlin-Brandenburg stellte fest, dass hierfür folgende Gründe maßgeblich sind:
- Der Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung für Kardiologen steht zunächst entgegen, dass nach § 4 Abs. 1 Nr. 2 KernspinV und § 3 Abs. 1 Nr. 2 MR-AngioV ausschließlich Ärzte, die die Facharztbezeichnung „Radiologie“ führen, berechtigt sind, eine Genehmigung unter den dort genannten Voraussetzungen zu erhalten.
- Diese Vorschriften können auch nicht dahin ausgelegt werden, dass anstelle der genannten Facharztqualifikationen die erworbene Zusatzbezeichnung „fachgebundene MRT“ genügt, denn einerseits existieren landesrechtliche Regelungen die zum Erwerb der Zusatzbezeichnung verlangt werden, nicht bundesweit, sondern nur in 15 von 16 Landesärztekammern.
- Die Partner der Bundesmantelverträge haben darüber hinaus dargelegt, dass sie bewusst davon abgesehen haben, anstelle der in § 4 Abs. 1 Nr. 2 KernspinV und § 3 Abs. 1 Nr. 2 MR-AngioV aufgeführten Facharztabschlüsse auch die Fachärzten anderer Gebiete erteilte Zusatzbezeichnung für fachgebundene MRT ausreichen zu lassen.
- Eine Gleichstellung der Facharztbezeichnung für „Radiologie“ und der Zusatzbezeichnung „fachgebundene MRT“ sei auch aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht erforderlich, da es sachliche Gründe im Sinne des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG) gebe, die eine Differenzierung rechtfertigen würden.
- Der Gesetzgeber habe mit der Vorschrift des § 135 Abs. 2 Satz 4 SGB V den Vertragspartnern die Möglichkeit gegeben, die Durchführung von technischen Leistungen auf die Fachärzte zu konzentrieren, für die diese Leistungen nicht nur zum Rand, sondern zum Kern ihres Fachgebietes gehören, d.h. für ihr Gebiet wesentlich und prägend sind, um die Qualität und Wirtschaftlichkeit der Leistungen zu verbessern.
- Insbesondere sollte den Vertragspartnern eine Leistungssteuerung ermöglicht werden, die eine Trennung zwischen der Diagnosestellung und Befundbewertung durch den therapeutisch tätigen Arzt einerseits und der Durchführung derdiagnostischen Maßnahmen (medizinisch-technischen Leistungen) durch den lediglich diagnostisch tätigen Facharzt andererseits bewirke.
- Die Konzentration der Leistungserbringung im Bereich der Kernspintomografie auf das Fachgebiet der Radiologie gewährleiste, dass die für die spezifische medizinische Fragestellung am besten geeignete diagnostische Methode ausgewählt werde und die Ergebnisse sachgerecht interpretiert würden, z.B. sog. Zufallsbefunde erkannt würden. Außerdem bewirke eine derartige Arbeitsteilung im Sinne des so genannten Mehraugenprinzips, dass die Diagnostik unabhängig von einem eventuellen Interesse an der Therapie erfolge, damit der optimalen Patientenversorgung diene und außerdem dem sparsamen Einsatz der Leistungsressourcen.
- Die Regelung führe zu einer wirtschaftlicheren Leistungserbringung, da die Gefahr einer überproportionalen Leistungsausweitung darin bestehe, dass therapeutisch tätige Fachärzte der sog. Organfächer aufwändige diagnostische Maßnahmen, wie z.B. ein MRT, selbst durchführen, anstatt sie hierfür schon durch ihre Facharztqualifikation befähigten Vertretern der sog. Methodenfächer zu übertragen. Demgegenüber würden Arztgruppen der sog. Methodenfächer dem Überweisungsvorbehalt und den Beschränkungen des Zielauftrags unterliegen. Beides verhindere weitgehend, dass Mitglieder dieser Arztgruppen allein durch eigenes Zutun ihre Leistungsmenge ausweiten könnten.
- Die KernspinV sehe darüber hinaus nur eine Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung aller kernspintomographischen Untersuchungen und eben keine Beschränkung auf MRT-Leistungen im Bereich eines einzelnen Organs vor.
- Der Abrechnungsausschluss verstoße auch nicht gegen das Grundrecht der Berufsfreiheit nach Art. 12 Abs. 1 GG, da Kardiologen durch die Regelung nicht in ihrem Status, sondern allenfalls in einem Teilausschnitt ihrer ärztlichen Tätigkeit betroffen seien und die Regelung dazu diene, die Qualität der Versorgung sowie der Wirtschaftlichkeit im Interesse der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung zu erhalten.
Das LSG Berlin-Brandenburg widerspricht damit der Auffassung des SG Berlin, welches in der Vorinstanz mit Urteil vom 06.04.2011 die Auffassung vertreten hatte, dass Kardiologen einen Anspruch auf Erteilung einer Abrechnungsgenehmigung hätten, soweit sie die Anforderungen der KernspinV und der MR-AngioV erfüllen würden. Mit dem Urteil wird in zutreffender Weise die Rechtsprechung des BSG vom 11.10.2006 (B 6 KA 1/05 R) und des BVerfG vom 08.07.2010 (Az.: 2 BvR 520/07) bestätigt. Beide Gerichte hatten über denselben Sachverhalt bereits mit dem gleichen Ergebnis, wie jetzt das LSG, entschieden.
Eine ausführliche Besprechung des Urteils wird in einer der nächsten Ausgaben der RöFo erfolgen.